Die Ameisen sind zurück

Da krabbeln sie. Da, auf der Arbeitsplatte in meiner Küche, auf der so viele seltsame schwarze Sprenkel verteilt sind, dass man die Augen zusammenkneifen muss. Ameise oder Design? Womit habe ich es zu tun?

Kurz war ich genervt. Ameisen. Schon wieder. Sie kommen durch den Spalt, der sich unter dem Fensterbrett aufgetan hat, und nicht einmal Gaffertape hält sie davon ab, in mein Territorium einzudringen. Ich habe ihn gefunden, diesen Eingang, nach dem ich letztes Jahr so vergeblich gesucht habe. Und ich habe die Ameisen wiederentdeckt. Dieses Jahr werde ich sie nicht aus den Augen lassen. Dieses Jahr wird meine Netzhaut nicht fortgespült werden, das habe ich mir fest vorgenommen.

„Wenn man sich Ihre Augen ansieht, könnte man meinen, da sei nie etwas gewesen“, sagt der Arzt.
„Dann hätten wir uns die ganze Scheiße dazwischen eigentlich sparen können, oder?“
Es war mein letzter Kontrolltermin vor den großen Ferien und als ich die Klinik verlasse, frage ich mich, wo ich diesen Sommer wohl verbringen werde. Im Schwimmbad, so wie wir es letztes Jahr geplant hatten? Ich weiß es nicht, aber eines würde ich mir wünschen: Ich möchte nicht nur Ameisen, sondern auch Glühwürmchen sehen. Sie haben mir so gefehlt, diese tanzenden Lichter, die den Waldboden bedecken und den Abendspaziergang mit ihrem märchenhaften Zauber bestreuen. Dieses Jahr will ich sehen können. Jede verdammte Ameise, die durch meine Küche krabbelt. Ich will sehen, wie bunt und hell der Sommer ist. Und ich will hören können, ob mich eine Wespe oder eine Fliege umkreist. Ich will gehen können, ohne zu glauben, dass sich unter meinen Füßen eine wabernde Schaumstoffschicht befindet. Ich habe ganz schön viel vor in diesem Sommer. Hoffentlich kommt nichts dazwischen.

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