Zurück aus dem Urlaub. Zurück in der Ambulanz der Augenklinik. Der schlecht beleuchtete Gang wirkte trotz der geschlossenen Fensterläden nicht ganz so dunkel wie bei meinem letzten Besuch. Immerhin. Ich gesellte mich in die Schlange vor der Anmeldung und ließ einen Mann vom Roten Kreuz vor, der es eilig zu haben schien. Als ich an der Reihe war, stellte sich ein Kerl in grüner Uniform vor mich, würdigte mich dabei keines Blickes und schob einen Überweisungsschein unter der Plexiglasscheibe auf der anderen Seite des Tresens. Hinter ihm stand eine junge Frau, deren ernsten Gesichtsausdruck ich trotz der Maske unschwer erkennen konnte und dennoch. Ich wurde sauer. Richtig sauer. „Ich bin hier die Ärmste! Ich habe VKH und eine Gürtelrose, es ist beschissen heiß und in meinem Kipf dröhnt es und du stellst dich einfach vor mich!“ Wie immer blieben mir die Worte im Hals stecken, aber ich stellte mich so nah an den Grünling, dass er meine Wut einfach spüren musste. Er ignorierte mich. Mich und mein Leid. Ich schnaubte. Die Frau mit dem besorgten Gesichtsausdruck sah noch ein bisschen ernster drein. Und plötzlich dachte ich an meine Erfahrungen vor fünf Wochen. Meine Angst, die Ungewissheit und das Gefühl, einer unberechenbaren Situation völlig hilflos ausgeliefert zu sein. Und jetzt stand ich da und regte mich darüber auf, dass sich jemand vorgedrängelt hatte.
„Tut mit leid“, sagte die Frau leise, als sie an mir vorbei und ins Wartezimmer ging. „Macht nichts“, brummte ich unfreundlich zurück und mochte mich selbst dabei nicht. Als sie mir wenig später im Wartezimmer gegenübersaß entschuldigte ich mich. Ich bin nicht die Ärmste. Nur genervt von diesen letzten Wochen und von mir selbst, weil ich meinen Mund nicht aufmachen und den Grünling zurechtweisen konnte.
Wir kamen ins Gespräch. Es war das erste Mal, dass ich in diesem Gang mit einer anderen Patientin sprach und ich weiß nicht, ob ich eine gute Gesellschaft für sie in ihrer Situation war. Ich dachte den ganzen Nachmittag an sie. Welche Diagnose hatte sie wohl bekommen? Ihre Symptome ähnelten meinen, aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit?